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Mehr Auswahl, mehr Risiko? Alternative Stores auf dem iPhone

Seit März 2024 können iPhone- und iPad-Nutzer in der Europäischen Union erstmals Apps auch außerhalb des klassischen App Stores installieren. Möglich wurde das durch den Digital Markets Act, der Apple dazu verpflichtet, sein geschlossenes System zumindest in Europa zu öffnen. Während Apple das Vorgehen kritisch sieht und vor Sicherheitsrisiken warnt, sprechen Befürworter von mehr Auswahl und Wettbewerb. In Deutschland zeigt sich 2025 ein gemischtes Bild: Einige Anbieter positionieren sich bereits mit alternativen Stores, doch gibt es noch keine umfassenden, offiziellen statistischen Einschätzung zur Nutzerakzeptanz.

Warum Apple den App Store öffnen musste

Der Digital Markets Act trat 2023 in der EU in Kraft und definiert Regeln für sogenannte „Gatekeeper“, also Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung in digitalen Ökosystemen. Apple fällt in diese Kategorie, da iOS-Apps bisher ausschließlich über den hauseigenen App Store verteilt werden konnten. Mit iOS 17.4 wurde deshalb in der EU eine technische Schnittstelle geschaffen, die es erlaubt, alternative App-Stores zu installieren und externe Zahlungsmethoden zu verwenden. Voraussetzung ist eine Apple-ID mit europäischem Standort. Damit vollzog Apple einen Schritt, der außerhalb Europas bislang nicht gilt und den das Unternehmen nur auf massiven regulatorischen Druck hin umgesetzt hat.

Erste Anbieter in Europa und Deutschland

Tatsächlich existieren inzwischen mehrere alternative Stores, die jedoch noch unterschiedliche Entwicklungsstufen aufweisen. Der bekannteste ist AltStore PAL, der unter anderem Emulatoren und Nischen-Apps anbietet, die Apple traditionell blockiert. Ebenfalls gestartet ist Setapp Mobile des ukrainischen Unternehmens MacPaw, das auf ein Abomodell mit kuratierten Anwendungen setzt. Im Gaming-Bereich hat sich der Epic Games Store zurückgemeldet, nachdem Fortnite zuvor mehrere Jahre nicht auf iOS verfügbar war. Außerdem kündigte der Skich Store ein Angebot für Spiele mit einer reduzierten Provisionsstruktur an, während das Kölner Unternehmen Mobivention eine Lösung für den firmeninternen App-Vertrieb entwickelt hat. In Deutschland sind diese Stores grundsätzlich zugänglich, auch wenn ihre Reichweite bislang begrenzt bleibt.

Aus Nutzersicht ergibt sich vor allem ein Vorteil: mehr Wahlfreiheit.

Neben klassischen Spiele- und Produktivitätsanwendungen werden inzwischen auch Casino Angebote, die über eine Web-App verfügbar sind, intensiver genutzt, die dank neuer regulatorischer Rahmenbedingungen einfacher erreichbar sind. Ebenso finden sich Musik- und Videostreaming-Dienste, die Web-Apps gezielt einsetzen, um Umgehungen bei In-App-Gebühren zu ermöglichen. Auch Cloud-Gaming-Plattformen wie Xbox Cloud Gaming oder Nvidia GeForce Now setzen verstärkt auf den Browser, da sie so unabhängig vom App-Store-Freigabeprozess nutzbar sind.

Über alternative Stores lassen sich Apps installieren, die im Apple App Store bisher nicht zugelassen waren,  auch etwa Emulatoren oder spezialisierte Tools. Beim Bezahlen eröffnen sich ebenfalls neue Möglichkeiten, da Entwickler nicht länger ausschließlich auf Apples In-App-Käufe angewiesen sind. PayPal, Kreditkarten oder andere Wallets können integriert werden, was gerade in Märkten wie Deutschland mit einer starken Onlinebanking-Kultur relevant ist. Für Entwickler wiederum sind geringere Gebühren interessant. Während Apple im Regelfall 30 % einbehält, strebt etwa Skich niedrigere Provisionen an. Das könnte mittel- bis langfristig die Preisgestaltung beeinflussen und Innovationen begünstigen.

Offene Fragen und Perspektiven

Gleichzeitig wirft die Öffnung neue Probleme auf. Apple betont, dass die Sicherheitsstandards des eigenen App Stores nicht ohne Grund streng seien. Apps aus Drittquellen könnten Malware, fragwürdige Inhalte oder geringere Datenschutzstandards mit sich bringen. Zwar verlangt Apple auch für alternative Stores eine Notarisation, bei der Apps zumindest technisch geprüft werden, doch eine vollständige inhaltliche Kontrolle findet nicht statt. Nutzer müssen daher stärker selbst entscheiden, welchen Anbietern sie vertrauen. Hinzu kommt die Gefahr der Fragmentierung: Wer verschiedene Stores installiert, muss Updates, Zahlungsmethoden und Abo-Modelle möglicherweise parallel verwalten. Für Entwickler entstehen ebenfalls Hürden, da die EU zwar den Zugang erleichtert, aber bestimmte Vorgaben – etwa in Bezug auf Bonität oder Transparenz – bestehen bleiben.

In Deutschland ist die Situation derzeit noch von Zurückhaltung geprägt. Zwar berichten Medien regelmäßig über die neuen Möglichkeiten, doch eine breite Nutzung alternativer Stores lässt sich bisher nicht feststellen. Gründe sind Sicherheitsbedenken, die Unsicherheit über die Seriosität mancher Anbieter sowie die nach wie vor bequeme Nutzung des offiziellen App Stores. Gleichzeitig wächst das Interesse an neuen Bezahlwegen und Apps, die Apple bislang ausgeschlossen hat. Die weitere Entwicklung hängt davon ab, ob alternative Anbieter es schaffen, Vertrauen aufzubauen und ihr Angebot auszubauen. Für deutsche Nutzerinnen und Nutzer bleibt der Vorteil aktuell vor allem theoretisch, doch mittelfristig könnte mehr Wettbewerb auch hierzulande zu einer spürbaren Veränderung führen.

Die Öffnung des App-Ökosystems durch den Digital Markets Act ist ein bedeutender Schritt für iPhone- und iPad-Nutzer in Deutschland und der gesamten EU. Sie bietet mehr Auswahl, zusätzliche Zahlungsoptionen und neue Chancen für Entwickler. Gleichzeitig bestehen Risiken im Hinblick auf Sicherheit, Fragmentierung und Datenschutz. Noch ist unklar, ob sich alternative Stores dauerhaft etablieren können oder ob Apple seine dominante Rolle im App-Vertrieb beibehält.

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